In ihrer praktischen Anwendung umfasst die ayurvedische Medizin zwei verschiedene Konzepte der Gesundheitspflege. Das erste stellt die aktive häusliche Vorsorge shamana dar, die sich auf die Harmonisierung der psychosomatischen Funktionen, die Reinigung des Körpers und Stärkung des Immunsystems konzentriert. Diese Therapie lindert die Symptome und beseitigt die Ursachen der Krankheiten in ihrer Anfangsphase, indem sie die Balance der drei biologischen Lebensenergien (doshas) wiederherstellt, das gesunde Funktionieren der sieben Körpergewebe (kamadhatus) gewährleistet, die regelmäßige Ausscheidung von toxischem Abfall (ama) fördert und einen gesunden Stoffwechsel bzw. ein gesundes Verdauungsfeuer (agni) schafft.
Ayurvedisches shamana ist die ideale Therapie für die meisten Berufstätigen, die täglich bestimmten Belastungen und Stress ausgesetzt sind, und kann zuhause angewandt werden. Sie besteht aus sieben Reinigungsmaßnahmen, die den individuellen Bedürfnissen angepasst sind. Dabei werden Kräuteraufgüsse (kvatha) und -pasten (avaleha), gemahlene Kräuter (churna), Tinkturen und Sirup (asava & aristha), Tabletten (guti-vati), Öle (taila), Balsam (guggul) und Salben (lepa) eingesetzt:
1. Anregung des Verdauungsfeuers (deepana)
2. Reinigung und Entgiftung (pachana)
3. Fasten (kshuda)
4. Regulierung der Körpersäfte (trisha)
5. Körperliche Aktivität, Übungen und Yoga (vyayama)
6. Hitze und Sonnentherapie (atapa)
7. Frischlufttherapie und Atemübungen (marut)
Das zweite Konzept der ayurvedischen Gesundheitspflege nennt sich shodana. Es stellt den strengeren Reinigungs- und Entgiftungsprozess dar, bekannt als Panchakarma, der unter klinischer Überwachung eines ausgebildeten ayurvedischen Arztes durchgeführt wird. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Konzepten liegt in der Art, wie das Ungleichgewicht der Doshas behandelt wird. Shamana bringt die gestörten Doshas in ihren natürlichen Grundzustand zurück, während shodana die gestörten Doshas aus dem Körper entfernt.
Die Reinigung shodana ist eine Therapie, die im Falle von fortgeschrittenen, lang anhaltenden und chronischen Zuständen die krankheitsauslösenden Doshas entfernt. Sie ist mit einer gründlichen Reinigung und allgemeinen Entgiftung des Körpers verbunden. Solch eine tiefgehende Therapie beseitigt die gestörten Doshas und angesammelte Gifte aus den Geweben (dhatus) und Transportkanälen des Körpers (srotamis). So entfernt die Therapie zudem die Keime, die zu einem weiteren Fortschreiten verschiedener Krankheiten führen. Diese aus fünf Teilen bestehende Reinigungsmethode heißt Panchakarma: die fünf reinigenden Handlungen, die den körperlichen und geistigen Zustand verbessern:
1. Erbrechen (vamana) reduziert das Kapha Dosha im Falle von chronischen Erkrankungen der oberen und tiefer liegenden Atemwege, Husten, Asthma, Grippe, Schnupfen, Bronchitis und Schleim im Magen.
2. Der Einsatz von Abführmitteln (virechana) beseitigt überschüssiges Pitta Dosha im Falle von Magenübersäuerung, bei beginnenden Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren, Unverträglichkeiten im Verdauungstrakt, Gelbsucht, Hautirritationen und -ausschlägen.
3. Darmspülungen (vasthi) werden zur Beruhigung von Vata verwendet im Falle von Störungen des Nervensystems, bei Lähmungserscheinungen, Kinderlähmung, Multipler Sklerose, Nervenentzündung, Ischias, Rückenschmerzen, Verstopfung, Nierensteinen, Arthritis oder Rheuma.
4. Die Nasenreinigung (nasya) mit Kräuterölen lindert Beschwerden der Nasen- und Stirnhöhlen, Kopfschmerzen, Migräne, Augenprobleme und Ohrenschmerzen.
5. Der Aderlass (raktamoksha) leitet überschüssiges Pitta Dosha aus und ist gut für die Blutreinigung bei vergrößerter Leber und Milz, Hautirritationen, Ausschlägen, Akne und Furunkeln.